Lukas Kalcher

Neu.rind

Digitaler Betriebshelfer zur Bewertung der Nachhaltigkeit, der Effizienz und der Umweltwirkung am Milchviehbetrieb

Themenbereich
Land- und Forstwirtschaft inkl. Wertschöpfungskette
Umwelt, Biodiversität, Naturschutz
Klimaschutz und Klimawandel
Innovation
EIP-AGRI

Untergliederung
Landwirtschaft
Innovation
Wissenstransfer
Energieeffizienz
Erneuerbare Energie
Klimaschutz
Klimawandelanpassung
Wasser
Biodiversität
Naturschutz
Umweltschutz
Luftreinhaltung
Wertschöpfung
Tierwohl
Boden
EIP Europäische Innovationspartnerschaft

Projektregion
Burgenland
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
Wien

LE-Periode
LE 14–20

Projektlaufzeit
2022-2025

Projektkosten gesamt
405.000€

Fördersumme aus LE 14-20
405.000€

Massnahme
Zusammenarbeit

Teilmassnahme
16.1 Förderung für die Einrichtung und Tätigkeit operationeller Gruppen der EIP "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit"

Vorhabensart
16.01.1. Unterstützung beim Aufbau & Betrieb operationeller Gruppen der EIP für lw. Produktivität & Nachhaltigkeit

Projektträger
Rinderzucht AUSTRIA

Kurzbeschreibung

Im EIP-Projekt NEU.rind wurde in Zusammenarbeit von Praxis und Wissenschaft  eine bedienerfreundliche Webanwendung zur Bewertung und Verbesserung der Nachhaltigkeit von Milchviehbetrieben entwickelt. NEU.rind stellt betriebsspezifische Kennzahlen zu den Themen Treibhausgasemissionen, Ammoniakemissionen, Fossiler Energieverbrauch, Lebensmittel-Konversionseffizienz, Erhalt der Naturvielfalt, Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit bereit. Ein Betriebsvergleich ermöglicht die Einordnung der Ergebnisse und zahlreiche grafische und tabellarische Detailauswertungen stehen zur Verfügung. Konkrete betriebsspezifische Handlungsempfehlungen unterstützen die Optimierung von Prozessen und die Reduktion von Emissionen. Das Werkzeug kann auch für die Nachhaltigkeitsbewertung genutzt werden.  Das übergeordnete Ziel ist die Verbesserung der Nachhaltigkeit in der österreichischen Milch- und Rinderwirtschaft.

Ausgangssituation

Das Thema Nachhaltigkeit ist eine zentrale Anforderung für die Zukunft der Rinderwirtschaft. Das ist nicht nur aus Sicht der Konsumentenanforderungen relevant, sondern primär die Voraussetzung für eine wettbewerbsfähige zukünftige Rinderwirtschaft. Der Klimawandel mit seinen Auswirkungen zählt mittlerweile zu den größten globalen Herausforderungen für die Menschheit. Die Rinderwirtschaft ist sowohl davon betroffen als auch mitverantwortlich. Emissionen aus der Rinderwirtschaft stehen unter kritischer gesellschaftlicher Diskussion. Landwirtinnen und Landwirte erwarten verständliche Fakten und Zahlen zu Umweltwirkungen, Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit der Milchwirtschaft in Österreich, sowie konkrete Hilfestellungen für Verbesserungen in ihrem Betrieb. Zahlreiche Studien belegen, dass Milch in Österreich mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck produziert wird als in anderen Regionen Europas und der Welt. Gründe für die Vorteile der österreichischen Erzeugung sind die flächengebundene Produktion, der hohe Grundfutteranteil, die GVO-freie Fütterung und der hohe Anteil an Zweinutzungsrassen. Diese Merkmale kennzeichnen den österreichischen Weg der Milch- und Rinderwirtschaft.

Ziele und Zielgruppen

Ziel des EIP-Projektes NEU.rind war es ein einfaches und praktikables Werkzeug – einen digitaler Betriebshelfer – zur Bewertung von Ökobilanzen und Ökoeffizienz zu entwickeln. Analysiert und ausgewertet werden dabei Kennzahlen für Treibhausgasemissionen, Ammoniakemissionen, Fossiler Energieverbrauch, Lebensmittel-Konversionseffizienz, Erhalt der Naturvielfalt, Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit. Diese werden je Kilogramm Milch und je Hektar genutztes Land  berechnet.

Zielgruppen:
  • Österreichische Landwirtinnen und Landwirte: Ein digitales Werkzeug zur Bewertung der Nachhaltigkeit, Effizienz und Umweltwirkung für die betriebsspezifische Bewirtschaftung wird bereitgestellt. Ein Benchmarking erlaubt die Abschätzung von Verbesserungspotentialen und einzelbetriebliche Handlungsempfehlungen werden aufgezeigt, durch deren Umsetzung eine Verbesserung der Nachhaltigkeit des Betriebes und damit der Rinderwirtschaft in Österreich erreicht wird.  
  • Milchsektor: Die im Projekt entwickelten fundierten Kennzahlen zur Ökoeffizienz sollen für die Vermarktung und internationale Positionierung der österreichischen Milchwirtschaft einen Mehrwert bringen.
  • Gesellschaft: Reduktion der Emissionen und Verbesserung der Umweltwirkung und Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe durch das Aufzeigen von betriebsspezifischen Verbesserungspotentialen, darauf aufbauender Beratung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltwirkung und Nachhaltigkeit bei gleichzeitiger Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Ziele:
  • Entwicklung eines digitalen Betriebshelfers – bedienerfreundliche EDV-Anwendung mit wenig Aufwand für zusätzliche Datenerfassung für die Landwirtin beziehungsweise den Landwirt
  • Einbettung der Anwendung in den Rinderdatenverbund (RDV)
  • Aussagekräftige und für die Praxis leicht verständliche Kennzahlen zu wichtigen Nachhaltigkeitsthemen, Effizienz und Umweltwirkungen
  • Ausarbeitung von betriebsspezifischen Maßnahmen für Verbesserungen
  • Entwicklung eines Systems für Betriebsvergleiche zur Abschätzung von Verbesserungspotentialen (Benchmarking)
  • Synergien mit bestehenden einzelbetrieblichen Dokumentations- und Kalkulationsverpflichtungen im Rahmen des Förderwesens (zum Beispiel GAP)
  • Ausarbeitung von verbesserten Vermarktungsprofilen
  • Erstellung von aktuellen Fakten und Zahlen für repräsentative Betriebe in Österreich
  • Erstellung eines Konzepts zur Verbreitung der Erkenntnisse aus dem Projekt


Projektumsetzung und Maßnahmen

Ausarbeitung der Anforderungen an Kennzahlen und Auswertungen in Zusammenarbeit von OG, Wissenschaft und weiterer externer Partnerinnen und Partner.

Methodenentwicklung:
Im ersten Schritt werden vereinfachte wissenschaftliche Bewertungsmodelle und Kennzahlen entwickelt. Ökobilanzindikatoren werden ausgewählt, Algorithmen und Hintergrunddaten festgelegt und Synergien zu bestehenden Datengrundlagen und Auswertungen gesucht. Auf Basis von bestehenden einzelbetrieblichen Untersuchungsergebnissen aus Farmlife werden die neu entwickelten Methoden und Indikatoren evaluiert. Standardwerte werden abgeleitet und Unsicherheitsbereiche definiert. Synergien mit bestehenden einzelbetrieblichen Dokumentations- und Kalkulationsverpflichtungen im Rahmen des Förderwesens und der nationalen Inventur werden genutzt, um mehrfachen Erfassungsaufwand zu reduzieren und die Vergleichbarkeit von Indikatoren über Systeme hinweg steigern zu können. Dazu werden die Ansätze, Modelle und Definitionen von Eingangsparametern abgestimmt.

Datenvernetzung und -bereitstellung: Ein Konzept zur Einbindung von bereits bestehenden Datenquellen und der mobilen Erfassung von neuen Daten wird ausgearbeitet. Schnittstellen zu bestehenden Systemen werden für den Routineeinsatz definiert und nach Möglichkeit implementiert (zum Beispiel Invekos). Einfache mobile Erfassungsmöglichkeiten für die zusätzlichen Daten werden ausgearbeitet und implementiert. Gemeinsam mit der Praxis werden visualisierte, einfach verständliche Auswertungen und Maßnahmenempfehlungen für die digitalen Werkzeuge entwickelt. Die Methoden und Indikatoren werden mit der Praxis abgestimmt und an landwirtschaftlichen Betrieben getestet und weiterentwickelt.

Ein Benchmarksystem wird entwickelt, wonach Landwirtinnen und Landwirte regional beziehungsweise nach naturräumlichen Produktionsbedingungen differenziert und mit Referenzbetrieben verglichen werden können.
Ein Konzept für die Integration in den RDV wurde ausgearbeitet und Testauswertungen durchgeführt.
Das Tool wurde getestet und Feedback eingeholt.

Kennzahlen zu Aspekten von Nachhaltigkeit und Umweltwirkung für Milchviehbetriebe in Österreich wurden erstellt. Die Vermarktbarkeit der Ökoeffizienz im Milchsektor wurde gemeinsam mit Vertretern der Molkereien in zwei Workshops diskutiert. Maßnahmen zur Verbreitung der im Projekt geschaffenen digitalen Werkzeuge und zum Wissenstransfer der Kennzahlen und Erkenntnisse wurden gesetzt.

Ergebnisse und Wirkungen

Mit dem Projekt werden Landwirtinnen und Landwirten österreichweit digitale Werkzeuge zur Bewertung der Nachhaltigkeit, Effizienz und Umweltwirkung für die betriebsspezifische Bewirtschaftung bereitgestellt. Durch die Nutzung von vorliegenden Daten, ergänzt durch für die Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewertung wesentlicher Parameter können ohne großen Aufwand für den Einzelbetrieb Ergebnisse zu betriebswirtschaftlichen Aspekten, zur Produktions- und Ressourceneffizienz, zur Lebensmittelkonvertierungseffizienz sowie zum Treibhaus-, Eutrophierungs- und Versauerungspotential, zum Ressourcenverbrauch (u.a. fossiler Energiebedarf) oder einem Biodiversitätspotenzial ermittelt werden.

Ein Benchmarking definiert darauf aufbauend repräsentative Betriebe und erlaubt die Abschätzung von Verbesserungspotentialen im Vergleich zu anderen Betrieben.

Diese im Projekt zu entwickelnden Routineauswertungen zu Nachhaltigkeit und Umweltwirkungen lassen aufgrund ihres geringen Dateneingabeaufwands und des Vertrauens in die bäuerliche Datenverarbeitung im Rinderdatenverbund eine breite Beteiligung erwarten.

Durch das Aufzeigen von betriebsspezifischen Verbesserungspotentialen und darauf aufbauender Beratung wird ebenfalls erwartet, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltwirkung und Nachhaltigkeit bei gleichzeitiger Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit umgesetzt werden und so eine Reduktion der Emissionen und eine Verbesserung der Umweltwirkung erzielt werden können.

Der Nachweis der Umsetzung verschiedener Maßnahmen soll auch das Vertrauen und die Wertschätzung der Konsumenten und Konsumentinnen in die österreichische Rinderwirtschaft stärken und die Wertschöpfung für die Landwirtinnen und Landwirte stärken.

Erfahrung

  • Gute Zusammenarbeit ist essentiell: wissenschaftliche Expertise, Datenvernetzung und die breite Beteiligung und Zusammenarbeit von Partnern aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Beratung, Ministerium und Vermarktung, waren notwendig, um eine wissenschaftlich korrekte und praxisnahe Anwendung zu schaffen, die nur wenig Zeit für die Datenerfassung benötigt.
  • Die Berücksichtigung der jahreszeitlichen Hauptarbeitszeiten der landwirtschaftlichen Betriebe sollte in der Projektplanung berücksichtigt werden, um Verzögerungen zu vermeiden.
  • Die Motivation von praktischen Landwirtinnen und Landwirten zur Teilnahme an Projekten ist mit sehr viel Aufwand verbunden. Der Nutzen ist a priori nicht sichtbar und daher sind Landwirtinnen und Landwirte umso schwerer zu überzeugen mitzumachen. Entsprechende Anreize und Ressourcen sind bei der Projektplanung zu berücksichtigen.
  • Wesentlich ist auch, dass potentielle Stakeholder und Organisationen, die in diesem Bereich bereits arbeiten wie zum Beispiel das Umweltbundesamt einbezogen werden, damit Doppelgleisigkeiten vermieden und Synergien genutzt werden können. Es ist wichtig vorausschauend Zukunftsthemen aufzugreifen und Projekte zu entwickeln, wenn möglicherweise der Bedarf noch nicht so offenkundig ist. Das erfordert meist mehr Aufwand bei der Überzeugung von Entscheidungsträgern.
  • Für die praktische Umsetzbarkeit ist wesentlich, dass die potentiellen Anwendenden eingebunden werden und ihre Anforderungen und Bedürfnisse einbringen können.
  • Wesentlich für den Erfolg ist Partizipation von der Konzeption und Entwicklung des Projektes bis zur Umsetzung. Das fördert auch die Identifikation mit dem Projekt und das aktive Einbringen.