Ressourcenschonende Technik im steirischen Obst- und Weinbau (Phase II)
- Themenbereich
- Land- und Forstwirtschaft inkl. Wertschöpfungskette
- Klimaschutz und Klimawandel
- Untergliederung
- Landwirtschaft
- Lebensmittelverarbeitung
- Umweltschutz
- Naturschutz
- LEADER
- Projektregion
- Steiermark
- Lokale Aktionsgruppe
- LAG Almenland & Energieregion Weiz - Gleisdorf
- LAG Hügelland östlich von Graz - Schöcklland
- LAG Kraftspendedörfer Joglland
- LAG Lipizzanerheimat
- LAG Oststeirisches Kernland
- LAG Schilcherland
- LAG Steirisches Vulkanland
- LAG Südsteiermark
- LAG Thermenland - Wechselland
- LE-Periode
- LE 14–20
- Projektlaufzeit
- 01.01.2017-31.12.2019
- Projektkosten gesamt
- 353.007,34 €
- Fördersumme aus LE 14-20
- 211.804,40 €
- Massnahme
- Förderung zur lokalen Entwicklung (CLLD)
- Teilmassnahme
- 19.3 Vorbereitung und Durchführung von Kooperationsmaßnahmen der lokalen Aktionsgruppe
- Vorhabensart
- 19.3.1. Umsetzung von nationalen oder transnationalen Kooperationsprojekten
- Projektträger
- ARGE obst.wein
Kurzbeschreibung
Im Rahmen des Projektes „Ressourcenschonende Technik im steirischen Obst- und Weinbau“ haben 140 innovative Obst- und Weinbaubetriebe aus neun LEADER-Regionen auf einer Gesamtfläche von mehr als 1.300 Hektar an der Umstellung auf eine zeitgemäße, ressourcenschonende Arbeitsweise gearbeitet. Mit dieser neuen Produktionskultur übernehmen sie ökologische, soziale und kulturelle Verantwortung. Im Fokus stand dabei die praktische Umsetzung der „Verlustarmen Sprühtechnik“ (bis zu 70 % weniger Abdrift und bis zu 60 % weniger Lärm und CO2-Ausstoß) durch Umrüstung und Optimierung von Sprühgeräten sowie das „zukunftsorientierte Bodenmanagement“ (herbizidfreie Bewirtschaftung durch Entwicklung und Anwendung geeigneter Geräte, fraktionierte und mikrobielle Bodenanalysen, innovative Begrünungsstrategien, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität).
Ausgangssituation
Landwirtschaftliche Betriebe geraten bei sensiblen Themen wie Pflanzenschutz und Umweltschutz immer mehr unter Druck. Sichtbare Sprühwolken, Lärmbelästigung und Verschwendung von Ressourcen sind ein Dorn im Auge vieler Bewohnerinnen und Bewohner, Touristinnen und Touristen und Umweltaktivistinnen und -aktivisten. Es gilt eine Situation für landwirtschaftliche Betriebe zu schaffen, in der die öffentliche Akzeptanz gegenüber den Arbeiten in den Kulturen wie zum Beispiel Pflanzenschutzmaßnahmen gestärkt wird. Somit will sich die Obst- und Weinbaubranche proaktiv an dem gesellschaftliche relevanten Thema Umwelt- und Ressourcenschonung engagieren. Nach erfolgreicher Sensibilisierung und Bedarfserhebung zu ressourcenschoneneden Technik in der Phase I (Dezember 2015 bis Juni 2016) besteht eine hohe Motivation und Bereitschaft bei 140 Obst- und Weinbäuerinnen und -bauern sich zu diesem Thema höher zu qualifizieren und ihre Betriebe im Bereich Herbizidensparung und verlustarmer Pflanzenschutztechnik trotz Mehraufwand freiwillig zu optimieren, welches in der Phase II nun praktisch umgesetzt wird.
Die Basis für die praktische Umsetzung einer verlustarmen Pflanzenschutztechnik liefern die Ergebnisse des Forschungsprojektes "Messung der Gebläseluft von Obst- und Weinbau-Sprühgeräten während der Fahrt", wodurch bei jeder teilnehmenden Landwirtin/ jedem teilnehmenden Landwirt eine bis zu 70%ige Verlustminderung angestrebt wird.
Ziele und Zielgruppen
Durch die Teilnahme von 140 Obst- und Weinbaubetrieben der Steiermark, unter denen sich zahlreiche namhafte Winzerinnen und Winzer und Obstbäuerinnen und -bauern befinden, konnte ein Umdenkprozess in der gesamten Branche in Richtung Ressourcenschonung initiiert werden.Wie bei jeder Veränderung waren am Beginn einige Branchenvertreterinnen und -vertreter verunsichert. Diese Verunsicherung konnte jedoch durch eine optimale Projektarbeit mit intensiver Kommunikation zu und unter den Projektteilnehmern in eine positive Energie umgewandelt werden.
Die Wettbewerbsfähigkeit der teilnehmen Betriebe konnte auf Grund der Diskussion zum Glyphosatverbot gesteigert werden. So wird das Projekt als pro-aktiv in der Öffentlichkeit wahrgenommen, in dem an der Entwicklung von praxisrelevanten Strategien zur Boden schonenden, herbizidfreien Bewirtschaftung gearbeitet wird und indem die Betriebe trotz Verlängerung der EU-weiten Zulassung von Glyphosat bereits jetzt neue Wege zur alternativen Bewirtschaftung beschreiten. Die gesamte Branche konnte aus dem Schussfeld der öffentlichen Kritik genommen werden, da das Projekt vor der Glyphosatdiskussion bereits mit Beginn 2017 gestartet wurde.
Mit dem Einsatz der optimierten Sprühgeräte konnten sehr positive Erfahrungen gemacht werden. Durch die Reduktion von Sprühnebel und Lärm wurden manche Betriebe von ihren Nachbarinnen und Nachbarn angesprochen, ob sie denn keinen Pflanzenschutz mehr betreiben. Diese positive Außenwirkung wird durch die optimale Belagsbildung im sehr schwierigen Pflanzenschutzjahr 2018 im Obst- und Weingarten ergänzt.
Durch die positiven Erfahrungen mit der neuartigen chemischen Analyse – der fraktionierten Analyse nach ÖNORM S 2122 – war die Nachfrage für weitere Analysen so hoch, dass viele Betriebe weitere Flächen beprobten um die komplexen Zusammenhänge der Bodenchemie besser zu verstehen.
Als letzter Baustein im Paket Sprühtechnik wurden Schulungen zum Applikationsmodul durchgeführt. Somit sind die teilnehmenden Betriebe gerüstet um Verlustarmen Pflanzenschutz zu betreiben – mit den optimierten Geräten, der Technikschulung und dem Applikationsmodul zur Geräte- und Anlagenspezifischen Berechnung der Dosierung, Geschwindigkeit und Zapfwellenumdrehung.
Das Thema Agrarelektronik wurde im Zuge eines internationalen Netzwerktreffens zum Thema „Roboter im Obst- und Weingarten – nur künstlich oder auch intelligent?“ behandelt. Mit hochkarätigen Vorträgen und anschließender Diskussion konnten die Betriebe sich ein Bild über die zukünftige Entwicklung in der Landtechnik machen.
Im Rahmen einer Abschlussveranstaltung wurden im November 2019 nochmal sämtliche Ergebnisse der drei Projektjahre zusammengefasst präsentiert.
Projektumsetzung und Maßnahmen
- Qualifikation von Expertinnen und Experten der Fachgruppe Technik zu den beiden Schwerpunktthemen Bodenmanagement und Verlustarme Sprühtechnik durch die Teilnahme an Kursen an der Boku, Fachsitzungen, Exkursionen, Workshops, Literaturrecherche etc.
- Erstellung von Beratungsmodulen und Newsletter im Bereich Bodenmanagement und verlustarme Sprühtechnilk
- Exklusivveranstaltung für alle teilnehmende Betriebe
- Maschinenvorführungen
- Fachtagung zum Thema "Boden"
- Rauheits- und Bodenbedeckungsmessung durch die BLT Wieselburg an Bodenbearbeitungsgeräten inkl. Evaluierung und praxisrelevanter Aufbereitung, sowie die Erstellung einer Basisdatenvergleichsliste der getesteten Geräte
- Test von optimierbaren Pflanzstreifenpflegegeräten auf regionale Gegebenheiten (zum Beispiel Hanglagen, Bodentyp, Kulturtyp, ...) inklusive Evaluierung der Stockbeschädigungen
- Erstellung von Slow-Motion-Videos zum Vergleich der Wirkung unterschiedlicher Fadenrotoren
- Erstellung einer Basisdatenvergleichsliste und eines Schadboniturvergleiches der getesteten Geräte
- Durchführung der Bodenprobennahme inklusive chemische Analyse und Ausstellung von Einzelberichten mit Maßnahmenempfehlungen, sowie die erste und zweite Teilsequenzierung der mikrobiellen Analyse dieser Bodenproben
- Test von Weinbausprühgeräten (Typenprüfungen) auf Einhaltung der Verlustarmen Sprühkriterien
- Erstellung einer Positivliste von Verlustarmen Sprühgeräten für Obst- und Weinbau (laut Typenprüfung)
- Basis- und Luftoptimierung von Landwirte-Sprühgeräte
- Adaptierung eines Tunnelaufbaugerätes (Prototyp) für den Anbau an unterschiedliche Sprühgeräte (Lochmann APS 3/60 und Lochmann BP 400) sowie erste Praxistests des Prototyps auf unterschiedlichen topographischen Gegebenheiten, Reihenabständen und Vorgewänden.
- Ausbaus der Projektplattform mit Präsentation der teilnehmenden Betriebe und internen Benutzerkreis für die Bereitstellung von Projektergebnissen.
- Schulungen „Optimierung der PSM-Ausbringtechnik“ nach Herstellerin und Hersteller
- Beratungssprechtage zur Ergebnisbesprechung
- Belgasmessungen für ein Tunnelaufbaugerätes (Prototyp Nummer drei) sowie Praxistests des dritten Prototyps mit pneumatischer Steuerung.
- Durchführung eines Netzwerktreffens zum Thema „Roboter im Obst- und Weingarten – nur künstlich oder auch intelligent?“
- Durchführung von einer Fadenrotorvorführungen
- Endbericht zu einer Basisdatenvergleichsliste der getesteten Geräte
- Versuchsbericht zur Düsenbefeuchtung beim Fadenrotoreinsatz
- Beratungsmodul zum Thema „Organische Düngung“
- Exkursion zur Firma KARNER Düngerproduktion
- Zusammenfassender Endbericht der mikrobiellen Analyseergebnisse
- Betriebsbezogene Datenauswertung der mikrobiellen Analyseergebnisse
- Durchführung von drei Schulungen zum Thema „Bodenanalysen selbst gemacht“
- Auswertung der Unterstockbegrünungsversuche inkusive Ergebnisbericht
- Praxistest für einen weiteren Prototyp des Abdrift- und Recyclingschirms
- Durchführung einer ganztägigen Abschlusstagung
Ergebnisse und Wirkungen
Im Paket Sprühtechnik wurden gängige Geräte auf ihre Verlustarm-Sprühtauglichkeit typengeprüft und den Betrieben damit eine Auswahlliste an optimalen Geräten für einen Neukauf zur Verfügung gestellt. Die in Gebrauch befindlichen Sprühgeräte wurde basisoptimiert und lufteingestellt. Damit haben viele Betriebe die Voraussetzung für die Umsetzung der Verlustarmen Sprühtechnik erreicht, das heißt, dass bei den Betrieben der Lärm, CO2 Austoß und die Sprühnebelabdrift markant reduziert wurden. Bei den Besprechungen zum Vorher-Nachherbild der graphischen Messergebnisse vom Luftprüfstand konnten durchwegs starke Aha-Effekte ausgelöst werden. Im Paket Bodenmanagement wurde eine Standortanalyse durch eine chemische und mikrobielle Bodenanalyse durchgeführt. Diese dient als Grundlage für eine bodenverbessernde Bewirtschaftung. Mit der neuartigen chemischen Analyse – der fraktionierten Analyse nach der ÖNORM S 2122 - wird der Boden im Hinblick auf die verschiedenen Fraktionen analysiert. Diese Analyse geht weit über die gesetzlichen Vorgaben und damit die Richtwerte (nach denen zum Beispiel die Einhaltung von Nährstoff-Bilanzen kontrolliert wird) hinaus. Dies führt zu einer komplexeren Betrachtungsweise des Bodens.
Durch die Aufbereitung und Beratung zu der umfassenden chemischen Bodenanalyse, wurde das Bewusstsein zur Komplexität des Bodens gestärkt und durch neuartige Begrünungsstrategien, die Bio-Diversität in den Obst- und Weingärten gesteigert. Mit zusätzlichen Bodenproben wurde die Bedeutung und Praxisrelevanz der fraktionierten Analyse bestätigt.
Im Bereich der mechanischen Beikrautregulierung konnten erste Ergebnisse erzielt werden, die Aussagen über die Prallschirmstellung bei Fadenrotoren sowie über die unterschiedlich kulturschonende aber beikrautbeschädigende Arbeitsweise von verschiedenen Fadenrotoren möglich machen. Eine Empfehlung auf Grund dieser Tests und Vorführungen besteht darin, dass kein Fadenrotor ohne Drehzahlmesser eingesetzt werden soll, da die Drehzahl ausschlaggebend für die Stockverletzung ist und in 90% viel zu hoch gewählt wird.
Bei den invasiven Unterstockbearbeitungsgeräten konnten Rauheits- und Bedeckungsmessungen ein breiteres Bild zu den technischen Daten für Kauf- und Einsatzentscheidungen liefern.
Alle teilnehmenden Betriebe, die das Angebot der Projektes genutzt haben, sind optimal informiert und geschult um ressourcenschonenden Pflanzenschutz und herbizidfreies Bodenmanagement am eigenen Betrieb umsetzten zu können.
Erfahrung
Über die steirischen Grenzen hinaus hat das Projekt starke Beachtung und Anklang gefunden. Die Bildungsveranstaltungen wurden von externen Teilnehmenden besucht und Anfragen von Betrieben anderer Bundesländer gestellt. Als Fortsetzung des Schwerpunktes Bodenmanagement wurde die Fachgruppe Technik eingeladen, an einem länderübergreifenden Projekt – Österreich, Deutschland, Italien - zum Thema „Alternative Beikrautregulierung im Obst- und Weinbau auf Basis autonomer Technologien“ mitzuarbeiten. Dabei geht es um die Entwicklung eines autonomen Streifenpflegegerätes, sowie um die Praxistests von aufspritzbaren Mulchfolien. Für den Schwerpunkt Sprühtechnik wurde die Fachgruppe Technik auf Bundesebene bei der Erstellung einer neuen ÖAIP-Leitlinie für Sprühgeräte eingebunden. Dazu wird künftig in der Steiermark die Begutachtung und Typenprüfung zur Vergabe des ÖAIP-Gütezeichens für Sprühgeräte für ganz Österreich durchgeführt. Manche Leistungen wie beispielsweise die Luftoptimierung der Sprühgeräte und die Bodenproben nach ÖNORM S2122-1 können weiterhin von der Fachgruppe Technik bezogen werden – jedoch zu den vollen Kosten.